Nemo, Vorjahressieger für die Schweiz beim ESC in Malmö, unterstützt den Ausschluss Israels vom ESC. Mit ihm zusammen fordern dies im Vorfeld des ESC in Basel über 70 Künstlerinnen und Künstler mit einer Petition. Der Vorfall zeigt einmal mehr, wie selbstverständlich als Israelhass getarnter Antisemitismus in der progressiven Kulturszene und unter Queers geworden ist.

Ein Clownsfisch als Symbolbild für Artikel "ESC 2025: Nemo fordert Ausschluss von Israel"
Nemo – nicht der reizende Clownfisch aus dem Erfolgsfilm sondern sein menschlicher Namensvetter möchte Israel am liebsten vom ESC ausschließen (Foto von Rachel Hisko auf Unsplash).

10. Mai 2025 | Till Randolf Amelung

Nächste Woche beginnt in Basel wieder der ESC, das queere Hochamt vor der CSD-Saison, und schon wieder gibt es als „Israelkritik“ verkleideten Antisemitismus!  Dieses Mal ist die Schweiz Gastgeberland, nachdem der sich als nichtbinär verstehende Nemo 2024 im schwedischen Malmö gewonnen hatte.

Nun sagte er in einem Interview mit der britischen HuffPost, dass er eine weitere Teilnahme Israels am Wettbewerb nicht unterstütze. Als Gründe nannte Nemo: „Das Vorgehen Israels steht in fundamentalem Widerspruch zu den Werten, die die Eurovision zu verteidigen vorgibt – Frieden, Einheit und Achtung der Menschenrechte.“ Doch nicht nur Nemo spricht sich gegen eine Teilnahme Israels aus, auch über 70 weitere KünstlerInnen unterzeichneten eine von der notorisch antisemitischen BDS-Kampagne lancierte Petition und verlangten als Solidaritätsbekundung mit den Palästinensern, dass Israel vom Wettbewerb verbannt werden müsse. Die Europäische Rundfunkunion (EBU) lehnt das ab.

Antisemitismus im Kulturbetrieb

Einmal mehr entblößt sich seit dem Hamas-Terror vom 7. Oktober 2023 die im Kulturbetrieb und unter ansonsten sehr inklusionsbewussten queeren Wesen grassierende Israelfeindschaft. Beim ESC in Malmö traf es die für Israel startende Sängerin Eden Golan, die sich tapfer gegen Mobbing durch ihre KontrahentInnen – unter diesen auch Nemo – sowie bei ihrem Auftritt auch gegen massive Buhrufkonzerte aus dem Publikum behauptete.

In diesem Jahr tritt Yuval Raphael für Israel an, die am 7. Oktober 2023 das von der Hamas angegriffene Nova-Musikfestival besuchte und nur überlebte, weil sie sich über mehrere Stunden in einem Bunker unter Leichen verbergen konnte. Ihr Beitrag „New Day Will Rise“ ist Teil der persönlichen und nationalen Verarbeitung des erlittenen Traumas. Doch das ihr Widerfahrene arbeitet Raphael nicht nur musikalisch auf, sondern sie berichtete darüber auch dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf oder auf einer Kundgebung gegen Antisemitismus in Zürich im Januar dieses Jahres.

BDS-Petition verschweigt Kriegsursache

Weder in den Aussagen Nemos und erst Recht nicht in der BDS-Petition wird das Leid anerkannt, was die Hamas Israelis am 7. Oktober zugefügt hat und dass der derzeitige Krieg in Gaza nicht korrekt einzuordnen ist, ohne dies zu erwähnen. Selbstredend kommt die BDS-Petition auch nicht ohne den verleumderischen, da falschen Vorwurf aus, Israel betreibe einen Genozid an den Palästinensern. Doch Fakten scheren diese Akteure im progressiven Gewand nicht.

Statt sich aber selbstkritisch mit den eigenen Fehlschlüssen der Anti-Israel-Agitation auseinanderzusetzen, beklagt sich Nemo lieber darüber, dass in diesem Jahr keine Flaggen außer den Landesflaggen der Teilnehmerländer auf der Bühne gezeigt werden dürfen. Das heißt, keine Pride-Flaggen wie die Regenbogenflagge oder die Nonbinary-Flagge, die Nemo bei seinem Sieg im vergangenen Jahr auf die Bühne geschmuggelt hatte. Im Publikum sind diese Flaggen allerdings weiterhin erlaubt.

„Dumm “ sei das, befand Nemo gegenüber HuffPost, da dieser Wettbewerb schon so lange mit Queerness und schwuler Kultur in Verbindung gebracht würde. Doch wer nicht mehr als Röckchen und Nagellack für die Queerness vorweisen kann, kann womöglich nicht anders argumentieren: Nemo ist im Übrigen, nach allem, was man weiß, ein heterosexuell orientierter Mann, der seine Nichtbinarität mit zahllosen clownesk anmutenden Accessoires auf der Bühne zu inszenieren weiß.

Im Übrigen beruhen die Forderungen der PetentInnen nach einem Ausschluss Israels auf falschen Voraussetzungen: Russland wurde wie Belarus 2022 vom ESC (vorläufig) ausgeschlossen, weil seine öffentlich-rechtlichen Sender keine vom Kreml unabhängige Arbeit mehr leisten (dürfen). Der israelische Sender KAN ist hingegen nicht von Weisungen der rechtspopulistischen Regierung um Benjamin Netanjahu abhängig.


Till Randolf Amelung ist Redakteur des IQN-Blog und seit Juli 2024 auch Mitglied des IQN-Vorstand. Als freier Journalist veröffentlicht er mit Schwerpunkt auf geschlechterpolitischen Themen auch in anderen Medien und in wissenschaftlichen Sammelbänden wie dem Jahrbuch Sexualitäten der IQN.


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