Transaktivistin Nora Eckert lobt auf dem Portal queer.de eine neue Broschüre des Bundesverband Trans*. Ihr Text gerät jedoch zu einer einzigen Schmähschrift gegen jedwede Kritik an transaktivistischen Forderungen. Auch IQN wird angegriffen, der Vorstandsvorsitzende Jan Feddersen antwortet darauf.


2022 war die Autorin Nora Eckert, die IQN nun so diffamiert, noch Gast in unserem Format „Queer Lecture“, was wir in Kooperation mit der taz veranstalten.


 

28. April 2024 | Jan Feddersen

In einem Text auf der Online-Plattform queer.de macht die transaktivistische Autorin Nora Eckert einmal mehr Front gegen alle, die ihr missbehagen. Ihr Text unter der Überschrift „Was wollen TERFs und die vereinigten Reaktionäre‘?“ zieht  gegen KritikerInnen ihrer Auffassungen zu Felde, vor allem gegen feministische AutorInnen. In der Unterzeile heißt es: „Trans Frauen sind ihr Lieblingsfeind, zu ihrer politischen Strategie gehört die Spaltung der Gesellschaft. Einige Gedanken anlässlich des Erscheinens der neuen und wichtigen Broschüre ‚Was sind TERFs?“ Der von der Redaktion zusammengefasste Tenor ihres Textes ist irreführend, denn Eckerts Reklametext im Sinne ihres Vereins Bundesverband Trans* versprüht vor allem Gift.

 

Kritik am Transaktivismus = AfD

Eckert dämonisiert die Kritik am transaktivistischen Schwurbeln, indem sie sie in AfD-Nähe rückt. Eine Partei, gegen deren Präsenz im Kuratorium der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld auch die IQN in den vergangenen Jahren gestimmt hat und auch in Zukunft stimmen wird. Man könnte boshaft schlussfolgern: Wenn auch nur ein Mensch der AfD, behauptete, 2 + 2 komme zur Summe 4, dürfte niemand bei dieser Rechnung wieder zum gleichen Ergebnis kommen, denn das wäre ja, in der Logik Eckerts, AfD-nah.

Man könnte auch formulieren: Um zu erreichen, dass die grüne Bundestagsabgeordnete Tessa Ganserer von allen Parteien im Parlament Beifall bekommt, muss der AfD nahegebracht werden, die Politikerin übel zu diffamieren. Die von vielen Landesämtern für Verfassungsschutz in etlichen Landesverbänden als rechtsextrem eingeschätzte Partei lebt von Polarisierung – und hat auch das empathiestimulierende Geschäft des Transaktivismus betrieben. Denn Kritik ist für diesen Aktivismus, bis in die oberste Spitze des Familienministeriums hinein, immer „rechts“, immer abwegig und gegen das Naheliegende des politisch Guten.

 

Attacken gegen IQN

Nora Eckert also, schreibt in ihrem Text nach der Zwischenüberschrift „TERF-Ideologie auch unter dem Label ‚queer‘“:

„Am Befremdlichsten erscheint mir dabei das Phänomen ‚Initiative Queer Nations‘ (IQN), die sich offenbar entschieden hat, als Spaltpilz innerhalb der Community zu agieren. Das ist in den letzten Jahren immer dann klar hervorgetreten, wenn das Thema trans auf die Tagesordnung kam und kommt – etwa in der Publikation ‚Jahrbuch Sexualitäten‘, wo die krudesten transfeindlichen Statements unwidersprochen veröffentlicht werden, als ginge es darum, TERF-Ideologie als Wissenschaft zu verkaufen.“

Hier betreibt Frau Eckert Stimmung, denn sie benennt die „krudesten transfeinlichen Statements“ nicht. Und sowieso: Warum sollten etwa Texten, wie dem der Transfrau Jessica Lynn aus dem „Jahrbuch Sexualitäten 2018“ widersprochen werden? Es handelt sich hier um ein ergreifendes Dokument einer Menschwerdung zur Transfrau. Überhaupt sind in den „Jahrbüchern“ etliche Texte zur Transfrage erschienen – aber nur weil Frau Eckert sie offenbar nicht kennt, müssen sie ja nicht gefehlt haben.

Doch es wird noch kurioser, denn sie formuliert in ihrer ‚journalistischen‘ Texterei weiter:

„Was die Initiative mit queer zu tun hat, ist mir seither ein Rätsel, und ebenso, was sie ins genderkritische, radikalfeministische Lager getrieben hat. Das ist wohl auch der Grund, dass sich queere Organisationen längst aus den Projekten von IQN zurückgezogen haben. Die Kommentare zum Selbst­bestimmungs­gesetz müssen uns da nicht mehr wundern, die von Falschbehauptungen wie bei den oben Genannten geprägt sind. Vorurteile sind jedenfalls überall Trumpf. Und dann wundert sich IQN noch, dass der Rest der Community darüber not amused ist.“

„Queere Organisationen“, wie Eckert behauptet, waren nie dem IQN-Projekt angehörig. Insofern konnte sich auch kein Verein zurückziehen, „längst“, wie diese Schreiberin suggeriert, schon gar nicht. Die IQN gründete sich 2006, mit dem Ziel, so etwas zu ermöglichen, was seit 2011 die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld ist – plural in den Auffassungen, kontrovers in den Diskursen.  „Queer“, das könnte Frau Eckert wissen, nähme sie  Quellen außerhalb ihres eigenen Gemüts wahr, verstehen wir nicht ideologisch im Sinne des Queerfeminismus. Wir sehen dieses Wort als Sammelbegriff für eine Menschengruppe, zu der schwule Männer, lesbische Frauen, Transmenschen und andere gehören, die sich den Ordnungen der Üblichkeiten nicht zurechnen.

 

Dem Konsens nicht unterworfen

Unsere Kommentare zum deutschen Selbstbestimmungsrecht, wesentlich in den „Jahrbüchern“ zu finden, doch vor allem auch durch den wissenschaftsorientierten und recherchefesten Autor Till Randolf Amelung, entsprechen keinen „Falschbehauptungen“.  Dies behauptet nur Eckert – und  liegt damit falsch. Last but not least: Die sogenannte „Community“ ist viel mehr als ein paar aktivistische Bubbles, in denen Eckert sich zu tummeln scheint. Aber gewisse Zirkel stehen eben nicht für „die“ Community, sondern nur für sich selbst.

In Wahrheit entspringt solches Denken einem totalitären Gestus. Wir, die IQN, fühlen uns einer Community zugehörig, die sich auch intellektuell und wissenschaftlich nicht identitären Gemütsaufwühlungen verpflichtet sieht. Wer andere der „Spaltung“ bezichtigt, fordert damit, sich einem gewissen Konsens zu unterwerfen. Die IQN betreibt aber keine Spaltung, sondern Diversifizierung im Diskurs zur Sache. Eckert fordert also, sich intellektuell zu unterwerfen. Dass gewisse staatssubventionierte Kreise, die sich als „Community“ verstehen, über uns „not amused“ sind, muss nicht verstören: Wer Amüsement möchte, möge einen comedyspezialisierten TV-Sender abonnieren. Hier, bei der Frage, feministische Frauen und Männer bei Verstand als TERFs zu diskreditieren, geht es um Debatten, nicht um Einverständnis mit dem Falschen.

Im Übrigen war Nora Eckert schon einmal Gast bei einem taz Queer Talk und hat die damit einhergehende Promotion für ihr Buch gern in Kauf genommen. Wir lassen eben auch Stimmen wie die einer Nora Eckert zu Wort kommen.

 


Jan Feddersen ist Gründungsvorstand der Initiative Queer Nations und Redakteur für besondere Aufgaben bei der taz.