Zur Veranstaltung „Entdecken – erinnern – sichtbar machen!“ der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) im Roten Rathaus in Berlin am 6. Juli 2018

Benno Gammerl, Vorstandsmitglied der Initiative Queer Nations e.V.

 

Berlin – Impulsgeberin im Netzwerk der Regenbogenstädte

Die Auseinandersetzung mit der Geschichte von LSBTI* birgt große Potentiale, auch und gerade für Städte und Gemeinden. Die Stärkung queerer Erinnerungskulturen ist eine vielversprechende Strategie in aktuellen Kämpfen gegen Homo- und Transphobie und für die Anerkennung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Dies sind die zentralen Botschaften der Tagung „Für eine Erinnerungskultur in Städten und Kommunen zur Sichtbarmachung der Geschichte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen“, zu der die bei der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung angesiedelte Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) eingeladen hatte.

Justizsenator Dirk Behrendt eröffnete die Veranstaltung und betonte unter anderem die Rolle Berlins als Impulsgeberin im Netzwerk der Regenbogenstädte. Danach eilte er in den Bundesrat, um sich dort passender Weise dafür einzusetzen, dass das Verbot der Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität im Grundgesetz verankert wird.

Derweil wurde auf der Tagung ebenso konstruktiv wie kontrovers über queere Erinnerungskultur diskutiert. Die Politikwissenschaftlerin Christiane Leidinger skizzierte in ihrem Eröffnungsvortrag zwei unterschiedliche Modi queeren Erinnerns. Die in ihren Augen oft allzu unkritische Feier einzelner Aktivist_innen betrachtete Leidinger dabei skeptisch. Ihr zufolge gehe es eher darum, kollektive Leistungen und strukturelle Probleme zu benennen und kritisch zu beleuchten. In diesem Sinn wäre die Forderung nach der Schaffung eines Johanna-Elberskirchen-Weges weniger produktiv als die nach einer Allee der Kämpfe gegen den § 218. Allerdings betonte sie, dass die beiden Formen des queeren Erinnerns sich gegenseitig ergänzen könnten und sollten.

 

Wie kann die Politik queere Erinnerungskulturen fördern

Ebenso wie Leidinger unterstrichen die Leiterin der LADS Eren Ünsal und Lela Lähnemann vom Fachbereich LSBTI, wie unerlässlich queere Erinnerung für aktuelle Auseinandersetzungen mit homo- und transfeindlichen Positionen ist. Diese politische Dimension des Erinnerns betonte auch Florian Wibmer von der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen. Er sprach über die Schwierigkeiten, mit denen die Errichtung eines permanenten Denkmals für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus in der österreichischen Hauptstadt konfrontiert war und ist.

Über die Frage, wie die Politik queere Erinnerungskulturen fördern und stärken kann, wurde vor allem bei der nachmittäglichen Podiumsdiskussion gestritten. Während Vertreter_innen von Kommunen und Land die Bedeutung des zivilgesellschaftlichen Engagements unterstrichen, forderten Stimmen aus dem Publikum eine nachhaltigere finanzielle Förderung, damit man sich auch über kurzfristige Projektförderungen hinaus dem Entdecken, Erinnern und Sichtbarmachen von LSBTI* Geschichte widmen könne. Daraufhin betonte Petra Lutz aus der Berliner Senatsverwaltung für Kultur, dass ihre Behörde dieses Anliegen teile. Deswegen fördere der Kultursenat auch die Errichtung des Elberskirchen-Hirschfeld-Hauses – Queeres Kulturhaus in Berlins Mitte.

Auf der Tagung wurde auch angekündigt, dass die langjährige LSBTI-Referentin der LADS, Lela Lähnemann, in wenigen Monaten ihren wohlverdienten Ruhestand antreten wird. Lela Lähnemann hatte die Tagung federführend organisiert und damit einmal mehr bewiesen, wie anregend und anspornend ihre Beiträge zur queeren Erinnerungskultur in Berlin waren und sind. Dafür dankte ihr das versammelte Publikum mit Standing Ovations.