Wie geht mensch als ehrenamtlich arbeitender Verein mit einer Pandemie und ihren Zumutungen um? Wir haben uns dafür entschieden, das Beste daraus zu machen. Mit neuen Köpfen, neuem Jahrbuch und einem neuen Vortragsformat kontern wir Corona und tanken frische Kraft für 2021. Was genau wir treiben und warum, erklärt der IQN-Vorstand in dieser Bekanntmachung.


Pandemie, Lockdown, Lockdown (light) – We are still alive! Wir hoffen sehr, dass Ihr und Sie auch so gut durch die Zeiten kommen, wie das derzeit nur eben möglich ist: gesund und im Kreis der gesunden Lieben; hoffnungsvoll, auch wenn gewiss die eine oder der andere beruflich und seelisch zu kämpfen haben wird. Erinnern wir uns daran: Ausdauer und Unverzagtheit gehören für die meisten von uns zu den Eigenschaften, die das Leben uns gelehrt hat. Wie Gloria Gaynor schon vor vierzig Jahren wusste: „As long as I know how to love, I know I’ll stay alive; I’ve got all my life to live and I’ve got all my love to give; and I’ll survive – I will survive!”

Wir mussten ja in diesem Jahr so gut wie alle öffentliche Aktivität einstellen, wie überall in der öffentlichen Sphäre war die Corona-Pandemie der Grund. Vor allem also gab es keine Queer Lectures. Immerhin konnten wir, einige von Ihnen und Euch waren dabei, am 17. Juli im Projektraum 120 an der Potsdamer Straße in Berlin unsere Release-Party zum aktuellen „Jahrbuch Sexualitäten“  begehen – entsprechend aller Corona-Auflagen natürlich: maskiert, aber präsent; mit Abstand, aber auch mit Wärme.

Neben Seyran Ates und Ralf König waren noch viele andere Autor:innen und Laudator:innen zum neuen Jahrbuch zugegen: Es war etwas distanter als in den vorigen Jahren, gleichwohl ein herzlicher Abend, der von unserem Jahrbuch-Mitherausgeber Rainer Nicolaysen moderiert wurde.

Neue Köpfe, neue Energien

Unmittelbar vor der Release-Party hielten wir unsere jährliche Mitgliederversammlung ab. Unsere beiden Vorstandsmitglieder Christiane Härdel und Benno Gammerl haben sich nach langjähriger Tätigkeit entschieden, aus dem Vorstand auszuscheiden. Ihnen gilt unser herzlicher Dank für ihren Einsatz: für Unterstützung und Kritik, für aktive Präsenz und nicht zuletzt für die vielen Tätigkeiten, die in diesem Zusammenhang anfallen und die meist keiner sieht! Bei den Vorstandwahlen wurde Jan Feddersen als Vorstand bestätigt, Schatzmeister Manuel Schubert wurde erst im Frühjahr in sein Amt berufen und stand deshalb nicht zur Abstimmung. Neu gewählt wurden derweil der Journalist Markus Bernhardt und der Theologe und Autor Clemens Schneider. Wir freuen uns auf und über das Engagement der Neuen!

Gleichfalls erweitert werden konnte der Herausgeber:innenkreis unseres „Jahrbuch Sexualitäten“. Die an der Bielefelder Universität wirkende Erziehungswissenschaftlerin Melanie Babenhauserheide wird den Kreis im bereits laufenden Redaktionsprozess ergänzen. Benno Gammerl verantwortet noch die Ausgabe des kommenden Jahres mit, danach scheidet er aus beruflichen Gründen aus dieser Runde aus.

Ihm folgt nach die in Berlin lebende Historikerin Vera Kallenberg – im Herausgeberkreis bleiben Rainer Nicolaysen (Universität Hamburg), Benedikt Wolf (Universität Bielefeld) und Jan Feddersen, Redakteur der taz in Berlin. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit aller „Jahrbuch“-Herausgeber:innen, erstmals vom kommenden Jahr an mit zwei weiblichen Mitgliedern.

IQN lebt

Das bereits im Redaktionsprozess befindliche Jahrbuch 2021 wird wie stets Texte enthalten, die die öffentlich gehaltenen Queer Lectures publizieren – sowie etliche Beiträge aus den Rubriken „Miniaturen“ und „Rezensionen“, zudem ein großes Gespräch, hier mit einer britischen Kritikerin queertheoretischer Denkansätze. Der Essay des Bandes wird zum Thema Corona verfasst: darüber, was Pandemisches, etwa auch im Hinblick auf die Aids-Historie, mit Sexuellem zu tun hat.

Das sind alles gute Nachrichten: Unsere Initiative lebt. Indes müssen wir auch mitteilen, dass wir uns einstweilen aus dem von uns mitinitiierten und mit viel konkreter Unterstützung beförderten Projekt des „Queeren Kulturhaus“ (E2H) zurückgezogen haben.

In unserem Schreiben an den Vorstand von E2H heißt es: „Wie die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld möchten auch wir uns als IQN e.V. bis auf weiteres vom E2H-Projekt zurückziehen. Wir beobachten generell ausschließende oder gar feindselige Grundhaltungen gegenüber anderen Gruppen, Einschätzungen und Meinungen. Offener kontroverser Diskurs: ja, Diskriminierung: nein. Wir erinnern daran, dass ein Queeres Kulturhaus nur dann Sinn macht, wenn in diesem beispielsweise auch Trans- und Inter-Initiativen und -Gruppen und deren Kulturen ihren Platz finden können.“ Wir informieren Sie & Euch weiter über die Entwicklungen dieses Projekts.

Aus Queer Lecture wird Queer Talk im Stream

Freuen können wir uns indes über die kommenden Queer Lectures im corona-tauglichen digitalen Format als Queer Talks im Stream. Am 13.11.2020, 19 Uhr, spricht der Psychologe Aaron Lahl über die „Sexualutopische Psychoanalyse“ am Beispiel Herbert Marcuses. Am Mittwoch, 19.11.2020, ebenfalls um 19 Uhr, laden wir ein zum Vortrag von Monty Ott, Gründungsvorsitzender der queer-jüdischen Initiative Keshet Deutschland e.V., zur Problematik des Intersektionalitätskonzepts im Hinblick auf den „blinden Fleck“ Antisemitismus: „Kein Platz für Jüd:innen?“. Erinnert sei an dieser Stelle an die Premiere unseres digitalen und corona-tauglichen Diskurs-Formats im September 2020:  Til Randolf Amelung sprach im ersten Queer Talk über: „Trans* – Aspekte einer Lebensform“. Dieser Talk ist weiterhin und kostenlos auf unserer Seite abrufbar.

Am 17. Dezember sind wir transatlantisch unterwegs mit der Ökonomin Deirde (bis 1995 Donald) McCloskey zum Thema „The Right to Be Queer?  Liberal Ruminations“. Wir freuen uns über all diese Queer Lecturer – ehren Sie, ehrt Ihr sie mit Präsenz vor Ihren und Euren Screens. Übrigens, auch bei den Queer Talks kooperieren wir freundschaftlich mit dem Verlag der Berliner Tageszeitung taz.

Für das kommende Jahr planen wir aktuell 15 Queer Lectures, digital und hoffentlich auch wieder öffentlich in einem Vortragsraum. Erwähnen möchten wir noch, dass unsere Queer Lectures in technischer Kooperation mit den taz Talks stattfinden; sie werden allesamt auf unserer Website auch nach den Live-Vorträgen aufbewahrt – Auftakt für unser audiovisuelles Archiv.

Unsere Initiative Queer Nations lebt von der Organisation von Wissen und vom Wissenwollen – wir engagieren uns mehr denn je.

Bleiben Sie, bleibt vor allem dies – gesund und aufrecht!

Für den Vorstand
Jan Feddersen, Clemens Schneider, Markus Bernhardt und Manuel Schubert

Berlin, 13.11.2020